Eigentlich hatte er nicht geglaubt, dass es noch aufregender werden könnte. Seit ein paar Tagen stand in dem Zimmer, das man nur in Anwesenheit der Dosis betreten durfte, eine riesengroße Blume, die ganz toll roch. Seine Schwester Mäusi fand diese Blume so super, dass sie die meiste Zeit darunter verbrachte. Dann musste er sie immer ein bisschen in den Po zwicken, damit sie mit ihm rings um die Blume Nachlaufen spielte. Aber heute Morgen stand Dosi ganz früh auf, stellte eine große Kiste in das Zimmer daraus zauberte er unzählige tolle, glitzernde Spielzeuge hervor, die er dann an die große Blume steckte. Waaaahnsinn!
Überhaupt - irgend etwas war heute anders. Im ganzen Haus duftete es, zum Mittagessen gab es etwas ganz besonders Leckeres und irgendwann klingelte es - aha, die Alt-Dosis, die so ein bisschen wie der Dosi rochen. Während Schwester Mäusi ganz empört wegen der Störung der häuslichen Ruhe beleidigt ins Schlafzimmer verschwand, begrüßten er und Bruder Arnold die Alt-Dosis gebührend und ließen die Streicheleinheiten freudig über sich ergehen. Es war ein lustiger Nachmittag mit viel Schmusen, Ballspielen und Komplimenten wie "Ach Sternchen, was bist du für ein schöner Kater geworden". Das machte ihn ganz stolz.
Nach dem Abendessen der Dosis, das er genauestens von der Türschwelle aus verfolgte, ging der Alt - Dosi in das Zimmer neben der Haustür, das fast immer verschlossen ist und aus dem es manchmal so ein bisschen riecht wie aus der Katzentoilette. Er hasste verschlossene Türen und hätte gar zu gerne gewusst, ob in diesem Zimmer auch eine große Blume mit Spielzeug stand. Also wartete er geduldig vor der Tür und als der Alt - Dosi wieder herauskam, wischte er ihm unbemerkt durch die Beine hinein in das verbotene Zimmer.
Er hatte gar keine Gelegenheit, sich richtig umzusehen, da ging plötzlich das Licht aus und die Tür zu - er war gefangen! Keine große, leuchtende Blume, keine guten Gerüche, nichts Leckeres zu Essen und das Schlimmste - er war ganz allein. Von draußen hörte er die Dosis reden und lachen, dann hörte er Papier knistern und Ausrufe wie "Oh wie schön" oder "Danke, das habe ich mir gewünscht". Da wurde er ganz traurig, weil er nicht dabei sein und sich mit freuen und vielleicht auch ein bisschen mit den bunten Bändchen spielen konnte, die die Dosine am Nachmittag um viele kleine Kistchen gemacht hatte.
So saß er also eine ganze Zeit in seinem dunklen, kalten Gefängnis und träumte von der hellen Riesenblume und wie er Mäusi darum herum jagen würde. Und plötzlich passierte es - er merkte, wie all die Leckereien, die er heute verspeist hatte, den Weg wieder nach draußen suchten. Und weit und breit kein Katzenklo! Er versuchte, noch einzuhalten, aber irgendwann wurde der Drang so stark, dass er sich in die hinterste Ecke setzte und einen kleinen, wirklich ganz kleinen, Haufen machte. Das dachte er zumindest, aber als der sich die Bescherung ansah, war es doch ein ziemlich großer Haufen geworden. Oh je!
Plötzlich hörte er von draußen seinen Namen und die Dosine fragen: "Wo ist denn wohl unser Sternchen? Ist doch komisch, dass er sich die Bescherung hat entgehen lassen". Dann hörte er, wie die Dosine durchs ganze Haus lief und seinen Namen rief. Er musste sich bemerkbar machen! Also kletterte er auf die Fensterbank und sprang mit einem lauten "Plumps" auf den Toilettendeckel.
Gerade in dem Moment stand die Dosine wohl draußen vor der Tür und sagte: "Hm, hier riecht's aber komisch." Da fiel ihm seine Sünde wieder ein und ganz dunkel erinnerte er sich an ein anderes Zuhause, vor langer Zeit. Da war ihm auch hin und wieder so ein Malheur passiert, weil er damals noch so komische Gefühle hatte. Dann hatte ihn der Dosi von damals immer ganz feste geschlagen oder getreten und ihn zu guter Letzt mit den Worten "Jetzt reicht’s endgültig" aus dem Fenster geworfen. Das durfte einfach heute nicht passieren!
Auf einmal ging die Tür auf und die Dosine stand da. Sofort rannte er auf sie zu und wollte ihr erklären, was passiert war, dass er doch einfach nicht anders gekonnt hätte. Er lief zurück in die "böse" Ecke, um ihr zu zeigen, dass es doch eigentlich nicht so schlimm sei und sie zu bitten, ihn bitte bitte nicht zu schlagen oder aus dem Haus zu jagen. Aber alles, was aus seinem Mäulchen kam, war ein klägliches "Miiiiih". Ganz bang blickte er nach oben in Dosines Gesicht und fragte wieder: "Miiiiih.....wirst du mich schlagen?" Und da passierte das Wunder: Dosine bückte sich, nahm ihn ganz fest in den Arm und sagte zu ihm: "Ach du armes Sternchen, warst die ganze Zeit hier im Dunkeln. Das mit dem Häufchen ist nicht schlimm, es ging ja nicht anders. Das machen wir jetzt weg und dann ist alles wieder gut".
Da war er so glücklich wie schon lange nicht mehr, rannte sofort zu den anderen im Riesen-Blumen-Zimmer, um ihnen zu erzählen, was passiert war und wurde auch dort mit freundlichen Worten und Streicheleinheiten begrüßt. Da wusste er endgültig, dass heute ein ganz besonderer Abend war.
Irgendwann fand er dann auch seinen Ball wieder und war so froh darüber, dass er den gerne jemandem geschenkt hätte. Aber die Dosis und Alt-Dosis waren schon längst wieder ins Gespräch vertieft und achteten nicht auf ihn. Da sah er unter der Riesen-Leuchte-Blume ein kleines Häuschen stehen mit kleinen Männern, Frauen, Tieren und einem Puppenkind in einem Holzbettchen. Ganz vorsichtig räumte er die kleinen Männer, die vor dem Holzbett-chen standen, beiseite und legte dem Puppenkind seinen Ball auf den Bauch. "Da hast du", dachte er, "denn heute ist ein wirklich besonderer Abend".
Diese kleine Weihnachtsgeschichte basiert auf einer wahren Begebenheit, wie sie sich am Heiligen Abend 2002 zutrug. Und sie beweist wieder einmal, dass nicht nur im Märchen alles gut ausgeht.
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