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Frank Goosen - Liegen lernen

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Frank Goosen - Liegen lernen

Beitragvon Tigo » 7. August 2007, 07:34

Die Amazon-Kritik ist so schlecht und mir zu arrogant, so dass ich in diesem Falle darauf verzichten möchte.

Die Kurzbeschreibung von Amazon:

Eine Stadt im Ruhrgebiet. Anfang der 80er Jahre. Helmut ist 16, besucht die Oberstufe eines Gymnasiums, hat Eltern, die nicht miteinander reden und eine Mutter, die immer nur wissen möchte, was er eigentlich will. Vom Leben, zum Beispiel. Wenn er das nur selbst so genau wüßte. Seine lakonische Selbsteinschätzung: drogenabstinenter, heterosexueller Nichtdemonstrierer, so wenig Engagement wie nötig, so viel Leben (lassen) wie möglich. Helmut hört Platten von den Beatles und Dylan, tanzt zu Madness und Fischer Z, trägt wie alle anderen Bäckerhosen und verliebt sich in die Schulsprecherin Britta. Ihr zuliebe engagiert er sich in der Nicaragua-Gruppe, sie führt den kleinbürgerlichen, immer etwas schüchternen Jungen in die Liebe ein. Zur ersten Liebe aber gehört auch die erste Enttäuschung. Und so erzählt Helmut rückblickend sein Leben als Suche nach der einzigen Frau, die ihm etwas bedeutet hat, während seine amourösen Abenteuer ihn in Wirklichkeit kaltließen.

Meine Meinung:
Ich tu mich grade schwer damit, den Inhalt zu erfassen, ich bin aber auch noch nicht ganz fertig mit dem Lesen. :) Daher von mir ein paar Zitate, anhand denen jeder entscheiden kann, ob er diesen Stil mag:

Im September 1998 stürzte ein Mann frühmorgens vornüber aus einer im Souterrain gelegenen Kreuzberger Kneipe in eine Pfütze brackigen Regenwassers und fühlte sich nun bereit für einen abschließenden Döner. Sein Leben als verantwortungsloses, bindungsunfähiges, triebhaftes Arschloch war definitiv an einem Tiefpunkt angekommen. Gegenüber war eine Plakatwand, auf der stand: "Wir werden nicht alles anders, aber vieles besser machen!". Der Mann war knapp über dreißig, ungewaschen und unrasiert und hatte seit einigen Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Fast schien es, als wolle er liegenbleiben, da in der Pfütze. Einfach liegenbleiben, ging ihm durch den Kopf. Aber der große breite Wirt mit der hohen Stimme und die fünf stummen Biker würden sicher etwas dagegen haben. Und ob das häßliche, magere Mädchen, das seit Stunden im Schneidersitz in ihr Mineralwasser hineinmeditiert hatte, sich für ihn verwenden würde, war mehr als fraglich.


Ein neues Mädel an der Schule sorgt für Aufregung, sie stellt sich zur Wahl als Schülersprecherin und hält eine flammende Rede zur Kandidatur:

Sie sagte, dass gerade die Schule als neben der Familie primärer Ort der Sozialisation sich einklinken müsse in den gesellschaftlichen Diskurs und dass gerade in diesen Zeiten, da es um eminent wichtige Fragen des Überlebens der menschlichen Rasse auf diesem Planten gehe, die Debatten nicht vor den Klassenzimmer haltmachen dürften. Die Menschheit sei heute in der Lage, sich hundertfach selbst zu zerstören, und der westlichen Welt falle nichts Besseres ein, als im Profitinteresse des militärisch-industriellen Komplexes unvermindert an der Rüstungsspirale zu drehen, das legitime Selbstbestimmungsrecht der Völker beispielsweise in Mittelamerika mit Füßen zu treten und über die Führbarkeit eines thermonuklearen Krieges zu spekulieren, wobei der Verlust Europas und die Verseuchung der Atmosphäre billigend in Kauf genommen würden, anstatt den ersten Schritt in eine atomwaffenfreie Welt zu tun und auf die Stationierung der Pershing II und Cruise-Missiles zu verzichten. In der ersten Reihe meldete sich ein Fünftkläßler und fragte, was das bedeuten sollte.

"Krieg ist Scheiße", sagte Britta, "und dicke Männer verdienen daran."


Der rechtsradikale Onkel der Hauptfigur hat seinen Neffen bei Seite genommen und ihn nach seinen Vorlieben befragt, ihm die Welt erklärt. Nach dem Gespräch bleibt ihm das Wissen:

Ich war der drogenabstinente, heterosexuelle Nichtdemonstrierer, die große weiße Hoffnung der Familie, des ganzen Landes.


Mich hat das Buch bisher sehr amüsiert. Weil ich sovieles darin wiederfinde, was auch bei uns an der Schule gängig war. Die ersten echten Ökos, die Demonstrationen gegen die Pershing-II-Stationierung, die Projektgruppen zu verschiedenen Themen, wie z. B. Nicaragua (in dem Buch wie in meinem Leben), und überhaupt trifft es viele Dinge sehr spitz, die man erlebt hat, wenn man in den 80ern irgendwie zu leben begann.

Fazit: Amüsante Lektüre, die einen gut in diese Zeit zurück katapultiert! Man lernt über sich selbst zu lachen! ;)

Bei Amazon erhältlich.
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Re: Frank Goosen - Liegen lernen

Beitragvon shangri » 7. August 2007, 07:35

Ich fand das Buch absolut geil (und auch die Verfilmung ist ganz gut gelungen!)

Film: http://www.liegenlernen.de/
shangri
 

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