Der fremde Geruch

[She65]

Erinnert Ihr Euch noch an Sira, unsere Katzendame, die sich jahrelang nicht für unser Zusammensein drinnen mit den anderen Tieren entscheiden konnte, eine reine Freigängerin war und erst punktgenau seit dem Tod von Merli sich uns angeschlossen hatte ? Seit vollständigem Einzug bei uns ist kein Tag vergangen, an dem sie nicht die Nacht mit uns verbringt, in den kalten Tagen wie diesen ist sie fast ausschließlich im Haus. Zum Verrichten ihres Geschäftes allerdings geht sie nach draußen, die Nacht gehört mir und ihr, auf meinem Kopfkissen, nach ausgiebigem Kuscheln und Schnurren schläft sie bis zum Morgen.

Sie ist nun ein Teil von uns hier, nah wie alle Tiere hier, nein, noch ein bisschen näher. Und davon erzählt die Geschichte, die sich gestern ereignete. Und das hängt auch daran, dass Sira wie alle anderen Tiere mit mir spricht, doch in ihrer sehr eigenen Weise nicht nur Worte und Bilder schickt, sondern mich gleich mit auf die „Reise“ nimmt…

Wir waren gestern zum Abendessen in einem Restaurant eingeladen. Als wir um 19 Uhr aufbrachen, lagen alle Tiere im Haus auf ihren Lieblingsplätzen, Sira wartete schon auf meiner Bettseite. Beim Nachhausekommen gegen 21.30 Uhr war freudige Begrüßung angesagt, als sich Sira mit einem freundlichen „Miiii“ verabschiedete zum Revierkontrollgang inklusive Erledigung der kleinen und großen Geschäfte. Kurz darauf war sie wieder da, kündigte ihre Ankunft lautstark an und begab sich zur Kuschelstunde aufs Bett, der Papa eilte.

Mein Gatte erschien kurz darauf in der Küche und meinte „Sira riecht nach Whiskas, auch auf dem Kopf.“, sein Entsetzen stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben. Alle Tiere bei uns hatten zum Abendessen Huhn mit Reis und Kochwasser bekommen, das erklärte nicht den fremden Geruch nach Futter, nach dem Sira wirklich roch und der nicht im Entferntesten in unsere Katzen-Ernährungsphilosophie passt. Er bat mich um Klärung mit Sira, das war ihm schon ganz dringlich und wichtig.

Als wir später im Bett lagen zusammen, Sira ihre Pfoten an meinen Kopf kuschelte und ihr Bäuchlein für weitere Schmuseeinheiten darbot, fragte ich sie nach einem möglichen Bratkartoffelverhältnis mit einem unserer Nachbarn. „Komm“, sagte sie, „lass uns zusammen auf die Pirsch gehen, damit Du verstehst, wie ich es empfinde.“ Gesagt, schon ging es los.

Wir fühlten den Duft der Natur draußen, mit Pelz fühlt es sich gar nicht so kalt und ungemütlich an. Durch den eigenen Garten gelaufen, auf die Gartenhütte beim Nachbarn rechts gesprungen, im Garten vom Nachbarn quer rechts gelandet, im Innenhof stehen viele Pflanzen, vom Küchenfenster fällt das Licht hell in den Innenhof, Menschen sind anwesend. Sira ruft in ihrer eigenen Art, es heißt „Hallo, hier bin ich.“ Eine junge Frau öffnet die Tür, begrüßt Sira freundlich und deutet ihr Rufen so, dass sie Hunger hat. Einige Kopfstreichler später gibt es eine Schüssel mit Futter, die Sira freudig annimmt, dann geht es wieder nach Hause.

Sie erklärte mir, dass ihr Ruf kein Betteln nach Futter sei, doch die Menschen es so interpretiert hätten. „Sie fühlen sich wohl dabei, weil sie in ihren Augen etwas tun, was gut ist. Also kann es nichts Schlechtes sein, was sie tun.“ Ich war sehr nachdenklich.

Mein Mann und ich sind nach einem langen Gespräch übereingekommen, dass wir es so lassen, wie es ist. Wir respektieren Sira und besonders auch ihr Vertrauen wegen der Mitteilung, könnten es ohnehin nicht ändern. Denn ich werde nicht zur Nachbarin gehen und sagen, dass sie bitte unser Tier nicht mehr füttern soll, weil wir es tun und es mir das erzählt hat.

Bemerkenswert war, dass ich vorhin den Beitrag hier schon fertig hatte, ihn absenden wollte und mit Copy und Paste durcheinander kam, so dass am Ende alles verschwunden war. Ihr hättet das Protokoll meines Gatten der letzten BR-Sitzung gelesen, das war nicht im Sinne des Erfinders. Also nahm ich es als Zeichen und fragte Sira nochmals, ob es geschrieben stehen soll, was sie vehement bejahte.

„Menschen machen viele Dinge, einige davon sehr gut und zum Wohl von uns. Und manchmal tun sie auch Dinge, die sie nicht wegen uns machen, sondern, weil es ihr eigenes Befinden betrifft. Das ist unehrlich, denk bitte in ruhiger Stunde darüber nach.“

Das war mein Wort zum Sonntag, nicht für Euch, sondern für mich. Doch wie würdet ihr reagieren, wenn euer Tier „fremdfrisst“ ?

[Dido]

Hm schwierig - wissen die Nachbarn, das sie zu euch gehört? dann würde ich sie fragen, ob es sein könne, das sie sie füttern…

Mein Kater damals ging auch öfter zu Nachbarns, lag dort auf dem Bett (und durfte das auch!), aber erst nach Rückfrage bei uns bekam er dort auch mal ein Leckerchen.

[She65]

Dido, ich bin mir ziemlich sicher, dass die Nachbarn schräg gegenüber um Siras Zuhause wissen, wir sind bekannt wie ein "bunter Hund" eben wegen der vielen Tiere, die sich ab und an immer mal wieder in den nachbarschaftlichen Gärten tummeln, besonders im Sommer. Sira ist nicht unterernährt, sie hat ein ganz feines, dichtes Fell, alles deutet auf eine gute nahrungsmäßige Betreuung hin.

Allerdings gab es eine Zeit, als Sira nicht jeden Abend bei uns drinnen war, als wir sie auch nächtelang gar nicht sahen. Wir haben uns immer gefragt, ob sie es warm hat, was sie außer dem bisschen Futter bei uns am Abend frisst, tagsüber stand Trofu bereit, doch das konnte auch jeder der anderen Gonzen gefuttert haben. Ich habe nicht gefragt, doch ich denke mir, dass eben beim Nachbarn schräg gegenüber eine Zeit lang ihr Platz war, ihr wirkliches Zuhause damals - zumal es dort noch Kinder gibt, die bestimmt auch froh über ihren "Einzug" waren.

Nur, um ganz sicher zu gehen, habe ich eben noch mal geschaut. Sira liegt auf meinem Kopfkissen, räkelte sich, als sie mich sah und bat mich, auch bald zu kommen. Wir haben hier kein Problem mit der Verantwortlichkeit, die liegt bei uns, lediglich eine Fütterung zusätzlich ist es, die zu überdenken ist. Die allerdings nimmt Sira auch nicht jeden Tag wahr, denn vorhin ging sie, kam ganz schnell wieder und "miiiieeete" in der Küche. Es gab ein Weißfischleckerchen (eigentlich waren es 3 ) und einen Kommentar "nun siehst Du, ich versuche es auch".

[Nettsche]

Unser Paule hat ein ganz festes zweites "Zuhause". Die Dosis sind Rentner und haben Zeit für ihn, wenn wir auf Arbeit sind. Ich habe lernen müssen, daß Katzen ihrern eigenen Kopf haben und selbst bestimmen, wo sie sein möchten und wo nicht. Die Zweitdosis haben mir erzählt, daß er auch noch an einer anderen Stelle betteln geht. Unser Katertier sieht keineswegs unterernährt aus (ganz im Gegenteil), aber er frißt sich hier wohl durch die Siedlung.

[der gatte]

Wenn eine "fremde" Katze zu Besuch kommt, von der man aber weiß, dass sie versorgt ist, sollte man mit Fütterung schon sehr zurückhaltend sein. Dass es aber auch mal herrenlose Geschöpfe sein können, die trotzdem einen gut ernährten Eindruck machen können, hat uns ja damals Mietzi bewiesen. Ihre Geschichte hat sie uns ja immer noch nicht erzählt....

Vielleicht kannst du Sira ja endgültig überzeugen, dass daheim immer genügend da ist und sie nicht noch zusätzlich auswärts speisen muss

[blondchen]

Sie erklärte mir, dass ihr Ruf kein Betteln nach Futter sei, doch die Menschen es so interpretiert hätten. „Sie fühlen sich wohl dabei, weil sie in ihren Augen etwas tun, was gut ist. Also kann es nichts Schlechtes sein, was sie tun.“

Katzenlogik. Ja ne, is klar. Sie frisst ja auch nicht, weil sie Hunger hat sondern nur, weil die Menschen sich so freuen und so nett zu ihr sind. Eigentlich mag sie das Futter ja gaaar nicht und frisst es nur für die Menschen. Also, wenn Du mit Deiner Katze sprichst dann solltest Du ihr die ernährungsphysiologische Seite von Katzenfertignahrung ala Whiskas & Co. erklären. Und ich würde ihr sagen, das sie nur mit dem Mund futtern soll und niemand es von ihr verlangt, sich mit dem Kopf in die Schüssel zu schmeißen.

[Rouva]

Sira ist wahrlich eine gute Seele, wenn sie sich opfert und bei den Nachbarn frisst, um ihnen einen Gefallen zu tun

Aber ernsthaft, wenn es euch nicht wirklich völlig widerstrebt, dann lasst sie machen und achtet eben drauf, dass sie bei euch ein klein bisschen weniger frisst, damit sie nicht in die Breite geht. Aber vielleicht beschließt sie ja nach euerem Gespräch auch, zukünftig lieber daheim zu speisen. Meine früheren Freigänger haben öfter fremd gefressen, besonders mein Guggi. Nachbarn aus dem Nebenhaus, die genau wie ich eine Souterrainwohnung hatten, haben mir irgendwann erzählt, dass meine Katzen gerne zum Sonntagsbraten bei ihnen durchs Fenster einsteigen Das war mir dann doch etwas peinlich, aber denen hat es nichts ausgemacht und nachdem das nicht jeden Tag war, war es für mich dann auch okay.

Liebe Grüße, Rouva