Wir haben keinen eigenen Firmenparkplatz, wir parken am Straßenrand des neuen (und kleinen) Gewerbegebietes. Das ist hier alles sehr ländlich, neben der Straße ist ein kleiner Graben, daran schließt sich eine Bepflanzung an, die die Stadt mit einem Wildzaun gesichert hat. Der grobe Maschendraht umschließt diese Bepflanzung an vier Seiten undurchdringlich. Eigentlich. Hinter dieser Bepflanzung ist ein Rapsfeld, dahinter kommt nur noch Wald & Wiese.
Als ich heute früh zur Arbeit fahre, langsam das Tempo drossle, um mein Autolein zu parken, denke ich „Was hüpft denn da?“, halte an und sehe das Drama. Da hat sich ein junges Reh in diesen umzäunten Bereich verirrt und rennt dort um sein Leben. Immer wieder hat es Anlauf genommen, ist gegen diesen Zaun gesprungen, panisch hin wie her gerast. Schweißnass war es und ein blutiges Köpfchen hatte es.
Ich habe gar nicht lange überlegt, das Handy gezückt und 110 gewählt. Der Herr am Telefon war sehr nett, hat auch meine fehlenden Angaben (wer weiß schon, wie so eine Straße heißt??) nicht bemängelt, wir einigten uns darauf, dass die Kollegen aus dem Mini-Städchen schon wissen, wo ihre einzige Gewerbegebietsstraße ist.

Ich bin dann kurz in die Firma reingerast, habe mich bei meiner Sekretärin abgemeldet „Muss eben noch Bambi retten!“, und bin dann wieder raus. An guten Zuspruch war nicht zu denken, das arme Tier rannte nach wie vor panisch umher.
Nur 10 Minuten später kam dann die hiesige Polizei und ein sehr sehr netter (und attraktiver *gg) Polizist hat sich dann des Rehs angenommen. Eine alte Decke aus meinem Auto konnte noch Hilfe leisten. Das Rehlein war allerdings nicht sehr kooperativ. Just als wir beschlossen, den blöden Zaun einfach aufzuschneiden, gelang es dem Polizisten, dem armen Kerlchen die Decke überzuwerfen, ihn zu greifen und über den Zaun in den Raps zu setzen.
Es war ein junger Rehbock, der nur oberflächliche Kratzer hatte, die bluteten, wie mir der offenbar wilderfahrene Polizist versicherte. Entkräftet war der junge Bock, er ist im Raps nur sehr langsam davongelaufen, hat sich immer wieder umgedreht und sich im oberen Teil des Feldes dann erstmal abgeduckt um sich auszuruhen, wie ich vermute.
Ich habe mich dann noch artig bei der Polizei bedankt für diese großartige Aktion. Wir fanden dann die Stelle noch, wo der Zaun bis auf Kniehöhe eingetreten war, also offenbar die Stelle, an der das Unglück seinen Lauf nahm und der nette Polizist hat dann den Zaun auch noch fix geflickt, damit nicht das nächste Bambi auch noch reinrast.
Meine Gedanken kreiseln noch immer um meine morgendliche Bekanntschaft. Ich hoffe, er hat den Schock gut überstanden, kann sich regenerieren, wird ein stattlicher Bock, findet eine tolle Rehbraut und genießt ein langes und glückliches Reh-Leben!
